Immer häufiger beschweren sich die Erwachsenen über untätige Jugendliche, die einfach keine Lust haben, sich eine Ausbildung oder einen Job zu suchen und lieber zu Hause bleiben bei Hotel-Mama oder direkt ins Hartz-4-Modell rutschen.

Natürlich ist das keine ideale Herangehensweise und wir sind erpicht darauf, dass unsere Sprösslinge sich eine gute Zukunft aufbauen können, allerdings kann ich die Jugend sehr gut verstehen und nachvollziehen, wieso diese die Lust am Arbeiten verloren haben.

Die Gründe treffen natürlich nicht auf jeden zu, denn es gibt immer Menschen, die einfach nur zu faul sind oder wirklich keine Lust haben, für Geld aufzustehen, wenn sie dieses auch vom Staat beziehen können. Wir reden hier also nur von den Jugendlichen, die eigentlich nicht faul sind, sondern einen triftigen Grund haben.

Schulversagen?

Ein häufiger Grund ist leider, dass die Jugend zu wenig Möglichkeiten hat, sich zu überlegen, welchen Beruf sie anstreben möchten und wie sie sich darauf vorbereiten können. Die Schulpraktika werden immer kürzer und zunehmend seltener. Die Vorbereitungszeit darauf ist ebenfalls längst nicht mehr ausreichend, sodass einige Jugendliche gezwungen sind, das Praktikum bei der nächst besten freien Stelle zu absolvieren, anstatt bei einem Betrieb und Beruf, für den man sich interessiert.

Wenn das einzige Schulpraktikum ein Reinfall war oder sich herausgestellt hat, dass der Beruf unpassend ist, hat man in der Schulzeit meist keine weitere Chance andere Berufe näher kennen zu lernen. Außer man würde Praktika in Schulferien absolvieren, aber wer hat das schon wirklich Lust zu?

Alleine durch Unterrichtsfächer wie Deutsch, Mathe und Englisch, bekommen die Jugendlichen keine direkte Vorstellung vom Arbeitsalltag. Einige Schulen sorgen mit Berufsfindungstests vor und unterstützen die jungen Leute dabei, dennoch sollte es allgemein in der Schule auch ein Unterrichtsfach geben, welches zur Berufsvorbereitung einen wichtigen Beitrag leistet, wie beispielsweise das Üben von Bewerbungsschreiben und Vorstellungsgesprächen. Dies wird, wenn überhaupt, nur im Rahmen einer Unterrichtseinheit im Deutsch- und Englischunterricht gemacht und ist danach meist kein Thema mehr. Bis dann irgendwann eine Bewerbung abgeschickt wird hat sich das Erscheinungsbild von Bewerbungsschreiben sowieso wieder grundlegend verändert.

Gefährliche Entwicklung

Leider lernen die wenigsten Kinder der Smartphone-Generation heutzutage noch, wie man einen Computer bedient und sind schon mit dem Schreiben einer Bewerbung unter Nutzung von Tools wie Excel, Word und einem E-Mailprogramm völlig überfordert. Einen PC-Führerschein, wie er oftmals früher angeboten wurde, steht heute auch nicht mehr auf dem Lehrplan. Kein Wunder also, dass viele Firmen mittlerweile aus Verzweiflung eine Bewerbung per WhatsApp akzeptieren um die Jugend zu erreichen.

Keine Chance aufgrund der arbeitslosen Eltern?

Noch ein möglicher Grund ist die Arbeitslosigkeit der Eltern. Zum einen natürlich, da dies ein schlechtes Vorbild sein kann, wenn die Eltern selbst eventuell keinen Beruf erlernt haben und auch nicht arbeiten wollen, aber zum anderen auch deshalb, da man als Kind von arbeitslosen Eltern, die Hartz-4 beziehen, in der Falle sitzt. Man kann keinen Führerschein machen, da man das Geld nicht an die Seite legen kann, geschweige denn überhaupt ein Bankkonto mit zu viel Guthaben führen. Man darf keinen Nebenjob über 100 Euro im Monat, bzw. 1.200 Euro im Jahr, annehmen, da sonst Bezüge bei den Eltern gekürzt werden.

Denn solange man noch zu Hause wohnt, zählt man zur sogenannten “Bedarfsgemeinschaft” und ein mögliches Ausbildungsgehalt oder der Nebenjobverdienst wird automatisch angerechnet und die Bezüge dementsprechend gekürzt. Das heißt für die Jugendlichen, dass man ihnen direkt das hart erarbeitete Geld wegnimmt. Wer arbeitet dann schon gerne X Stunden im Monat nur damit die eventuell faulen Eltern einem das Geld am Ende abknöpfen weil diesen das Hartz-4 gekürzt wird?

Wo findet man schon einen seriösen Arbeitgeber, der einen nur mit einer so stark limitierten Stundenzahl beschäftigt um nicht über diese Verdienstgrenze zu kommen? Im Prinzip kann man nur Zeitungen oder Prospekte verteilen, da eh nicht mehr Geld bei einem ankommen würde. Es wird einem gezeigt, dass mehr zu arbeiten sich leider nicht unbedingt lohnt!

Noch dazu erwartet einen das absolute Versagen unserer Ämter und deren Vorschriften, sollten die Eltern beim Jobcenter gemeldet sein. Dann bekommt man keine Unterstützung bei der Ausbildungsstellen-Suche von der Arbeitsagentur (selber erlebt!), da diese dann nicht zuständig sind. Selbst dann nicht, wenn es sich um einen von der Schule veranstalteten Beratungstermin in der Schule handelt!

Leider genießt das Jobcenter zu Recht einen schlechteren Ruf als die Bundesagentur für Arbeit und hat noch schlechtere Jobangebote zu vermitteln.

Wie sollen sich die Jugendlichen denn dann von ihren Eltern ablösen können? Wie soll ihnen das Arbeiten denn dann ein besseres Leben ermöglichen? Wie soll ihnen dieser Umgang denn Lust auf das Arbeitsleben bringen? Genau das Gegenteil ist oftmals der Fall!

Verhalten von Arbeitgebern

Viele Arbeitgeber sollten auch an ihrem Bewerbungsmanagement arbeiten. In einem Zeitalter, in dem fast jedes Unternehmen jederzeit online und erreichbar ist und das meist auf 10 Plattformen, vermittelt es keine gute Einstellung gegenüber dem Bewerber, wenn auf gute Bewerbungen nicht einmal eine kurze Absage zurückgeschickt wird.

Noch peinlicher ist es, wenn man nach dem ersten Ausbildungsjahr noch eine Absage zugeschickt bekommt, obwohl man die Ausbildung bei genau dem Unternehmen aktuell macht! Fehler können passieren, aber wie kann es überhaupt sein, dass es ein Jahr dauert bis ein solches Schreiben verschickt wird?

Mein Mann wurde bei der Ausbildungssuche bei einem großen deutschen Unternehmen, einem ehemaligen Staatsunternehmen, zu einem Assessment-Tag eingeladen. Nachdem Stunden ins Land gezogen sind, Tests gemacht wurden, Vorstellungsrunden absolviert wurden war der Dank am Ende die Verkündung, dass es gar keine Ausbildungsstelle gibt. Stattdessen gab es nur die Chance (!) für das Folgejahr auf eine Liste möglicher Kandidaten aufgenommen zu werden. Da soll man noch motiviert sein?

Schlechte Aussichten

Und der traurigste Grund ist wohl, dass die Vergütung in etlichen Berufen grade einmal knapp über dem durchschnittlichen Arbeitslosengeld liegt, weshalb es für viele Jugendliche unattraktiv wird, sich überhaupt um einen Job bzw. eine Ausbildung zu bemühen. Wer steht schon gerne jeden morgen früh auf und arbeitet fast 50 Stunden in der Woche, nur um 5 Euro mehr zu haben als der Nachbar, der sich jeden Tag auf seiner Terrasse sonnen kann.

Während mein Mann und ich uns während der Ausbildung darum bemüht haben, die monatlichen Kosten zu zahlen und noch genug Geld an die Seite zu packen und dafür sogar die Heizung runtergedreht und auf den Stromverbrauch geachtet haben, hat der jüngere Hartz-4-Empfänger zwei Stockwerke unter uns den ganzen Tag Party gemacht und ist im tiefsten Winter mit kurzer Hose durch seine auf 30 °C aufgeheizte Wohnung spaziert. Das macht einen schon sauer und lässt einen daran zweifeln, ob es das wert ist sich jeden Tag abzumühen wenn jemand anders mit Null Leistung durchs Leben kommt.

In einigen Berufen verdient man mittlerweile nicht einmal mehr genug, um eine dreiköpfige Familie ernähren zu können. Darum arbeiten immer häufiger beide Elternteile, damit diese zumindest die Fixkosten abdecken können. Nicht selten verdienen die kleinen Influencer bei Instagram schon mehr als unsere hart arbeitenden Pflegekräfte. Dies ist natürlich nicht das Problem der gut verdienenden, denn solange es eine Nachfrage gibt und jemand bereit ist ihnen viel Geld zu zahlen ist dies natürlich

Arbeiten wird für unsere Jugend nicht grade ansprechend vermarktet, sodass jeder aus nachvollziehbaren Gründen seine Zukunft eher als Influencer oder Youtuber sieht. Nur leider ist den meisten nicht bewusst, dass dafür oftmals noch mehr Arbeit nötig ist, als in einem “normalen” Job, um überhaupt bekannt zu werden, . Allerdings kommen solche Wünsche nicht von ungefähr, da das Lebensmodell “Arbeiten bis zur Rente” auch für diese nicht mehr zeitgemäß ist. Denn mit einem Renteneintrittsalter von bald über 70 Jahren vergeht einem schon vor dem ersten Arbeitstag die Lust auf die Zukunft. Ein Haus wie das der Eltern kann man sich auch als absoluter Top-Verdiener kaum noch leisten. Es ist sogar die Rede davon, dass die Wochenarbeitszeit erhöht werden solle um Renten ausschütten zu können, die man selber vermutlich niemals erhalten wird. Es sind einfach keine attraktiven Zukunftsaussichten mit denen versucht wird einen aus der Reserve zu locken.

Hier darf sich in Deutschland gerne noch ganz viel ändern. Wir müssen die Jugend stärken, unterstützen und leiten. Ihnen Steine in den Weg zu legen mag Sie eventuell klüger, reifer und erfahrener machen, jedoch nur bis zu einer gewissen Grenze. Nachwuchskräfte fehlen an allen Ecken und Enden. Geben wir ihnen doch die Chance, sich frei zu entfalten und eventuell auch unabhängiger zu werden, damit wir die Arbeitslosenrate weiter senken können und die Menschen der Zukunft auch wieder gerne ihre Arbeit verrichten.

Fazit: Ist es wirklich so schlimm?

Letztendlich muss man sich allerdings die Frage stellen, ob alles wirklich so schlimm ist wie es viele behaupten. Denn jeder der sich über die faulen Jugendlichen aufregt muss nur an seine eigene Schul- und Ausbildungszeit zurückdenken. Haben nicht die meisten in den letzten Jahren auf der Schule mal einen Durchhänger gehabt und mal geschwänzt oder aufgehört die Hausaufgaben zu machen? Haben nicht früher schon viele Leute davon geträumt Schauspieler, Sänger oder “It”-Girl zu werden statt einem Beruf welcher der Allgemeinheit wirklich etwas bringt nachzugehen, und das lange bevor es Youtube und Instagram gegeben hat?

Man sollte nicht vergessen, dass die Jugend schon immer laut der älteren Generation faul ist und aus ihr nichts wird. Nicht umsonst schrieb schon Sokrates mehrere hundert Jahre vor der Geburt Christi:

„Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.”