In einer Phase des Lebens eine sehr ausschlaggebende Entscheidung zu treffen, das fällt nicht immer leicht.
Mir ist es vor 2 Jahren auch so ergangen, als ich mich in einer Weiterbildungsmaßnahme befand und nebenbei verzweifelt nach einer neuen Herausforderung und einem möglichst besseren Arbeitgeber als zuvor gesucht habe.

Dank der Unterrichtsstunden bei dem COMCAVE.COLLEGE, hatte ich auch in meinem Social Media-Kurs die Gelegenheit, meinen Xing-Account wieder zu nutzen und auch mal vernünftig mit Daten zu füttern. Während eines Angestelltenverhältnisses kommt man dann doch eher selten dazu, dieses auch immer aktuell zu halten. Aber es erwies sich durchaus als sehr praktisch und nach kurzer Zeit hatte ich auch einige Profilbesucher.

Es kam dann eines Tages dazu, dass mich ein netter, junger Headhunter (Personalvermittler) auf Xing angeschrieben hatte und mir eine Stelle in den Niederlanden anbieten konnte, die auf meine Profilangaben passen würde. Ich habe mir sein Angebot sehr gut durchgelesen und fand es gar nicht mal so schlecht, jedoch störte mich ein ganz großer Faktor – das Arbeiten im Ausland.
So schien es mir doch eher kompliziert und ein mit unnötigem Papierkram einhergehendes Unterfangen zu sein, weshalb ich erst einmal abgelehnt habe und auch meine Bedenken gegenüber der Arbeit im Ausland geäußert habe. Mir wurde dann zum Glück nochmals eine Nachricht zugeschickt, in der angeboten wurde, dass man sich einfach mal persönlich treffen könne und bei einem Kaffee über diese Bedenken offen sprechen könne, es ließe sich sicherlich eine Lösung finden. Und ich habe mich wirklich dazu überreden lassen, auf das Treffen einzugehen. Meine Bedenken über die Arbeit im Ausland und als Grenzgänger unterwegs zu sein, konnte der junge Herr ziemlich gut aus der Welt schaffen.

Mich beschäftigte vor allem, wie es mit der Krankenkasse dann läuft und was mit meiner Rente (welche ich, wenn es so weiter läuft in Deutschland, eh nie bekommen werde) passiert, oder wie es mit der Lohnfortzahlung bei einer längeren Krankheit aussieht und vor allen Dingen, wie mache ich meine Steuerunterlagen oder lese die Amtsdokumente, wenn diese in einer fremden Sprache sind? Das sind schließlich alles sehr wichtige Fragen, welche mich vor einen großen Berg der Verunsicherung stellten.
Nachdem ich dann aus reiner Neugierde mit meinem Mann im Internet ein bisschen zum Arbeiten im Ausland, insbesondere den Niederlanden, recherchiert habe, wurde meine Verunsicherung nur noch größer und ich war mir sehr sicher – nein, dass mache ich nicht.

Und wie es das Schicksal so wollte, habe ich mir dann doch noch einen Ruck geben können und den Schritt gewagt, mich auf das Stellenangebot einzulassen. Selbstverständlich habe ich mir erst einmal alles angesehen und dann abgewägt, ob es für mich Frage käme, und das tat es.
Im nächsten Schritt mussten dann alle Vorbereitungen für die Arbeit in den Niederlanden getroffen werden:

  1. Autoversicherung fürs Ausland erweitern
  2. Eine BSN-Nummer (alt: Sofi-Nummer) beantragen. Diese benötigt man zum arbeiten in den Niederlanden.
  3. Das Formular E106, welches mann seiner deutschen Krankenkasse schicken muss, damit man von dieser eine Karte erhält und weiterhin in Deutschland zu den Ärzten gehen kann.

Danach ging es eigentlich auch schon los und eines kann ich euch sagen, den Schritt bereue ich wirklich nicht. Zwar sind die Arbeitsverträge in den Niederlanden immer nur erstmal befristet, aber der Lohn ist ansprechender, die Mentalität ist angenehmen und selbst Quer- oder Wiedereinsteigern werden die Türen geöffnet. Das gefällt mir persönlich wirklich sehr gut.

Nun bin ich derweil bei meinem zweiten Arbeitgeber und fühle mich viel freier, als ich es bei den deutschen Arbeitgebern bisher sein konnte. Daher nenne ich gerne einmal alle Vorteile, die mich persönlich überzeugt haben:

  1. Als Grenzgänger hat man den Vorteil, dass man seinen Rentenanspruch aus Deutschland nicht verliert und einen zusätzlichen in den Niederlanden aufbaut.
  2. Man verhandelt immer direkt über den Nettolohn, denn die steuerlichen Abzüge bemessen sich nur anhand der Höhe des Gehaltes. Es gibt keine Steuerklassen, nur Gehalt-Boxen.
  3. Als Grenzgänger zahlt man der niederländischen Krankenkasse monatlich die Beiträge, welche im Jahr 2019 durchschnittlich bei 115 Euro liegen, kann aber wie gewohnt bei seiner deutschen Krankenkasse bleiben und in Deutschland zu den Ärzten gehen – Aber Achtung: wenn möglich, nicht in den Niederlanden zum Arzt gehen, sonst kommt die Eigenbeteiligung zum Tragen und diese liegt bei mindestens 385 Euro im Jahr!
  4. Es besteht ein Anspruch auf Lohnfortzahlung über einen Zeitraum von 104 Wochen. Davon in der Regel in den ersten 52 Wochen mindestens 70% vom letzten Bruttolohn. Die meisten Arbeitgeber in den Niederlanden geben aber sogar 100%.
  5. Der Kündigungsschutz in den Niederlanden ist für den Arbeitnehmer besser gestaltet. Der Arbeitgeber kann das Arbeitsverhältnis nicht ohne Weiteres beenden. Er muss vorab die Arbeitsbehörde oder einen Amtsrichter prüfen lassen, ob ein Grund zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorliegt. Ausnahmen sind hier die fristlose Kündigung und die Kündigung während der Probezeit.
  6. Es gilt ein Mindestlohn seit 1. Januar 2019 von 1.615,80 Euro plus 129,26 Euro Urlaubsgeld.
  7. Das Urlaubsgeld ist verpflichtend für niederländische Arbeitgeber und beträgt 8% des jährlichen Bruttogehaltes.

Es wird sicherlich auch einige Nachteile geben. Jedoch kann ich nur von einem bisher berichten, und das ist der Arbo-Dienst.
Eigentlich ist das Konzept nicht schlecht, denn der Dienst wird vom Arbeitgeber beauftragt, um sich mit den krank gemeldeten Mitarbeitern in Verbindung zu setzen und auszuarbeiten, wie diese wieder schnell die Arbeit aufnehmen können oder welche Arbeit eventuell während der Krankheitsphase verrichtet werden kann. Leider sind diese Unternehmen jedoch privat und somit arbeiten sie nur im Interesse des Arbeitgebers. Der Mitarbeiter wird mit ständigen Anrufen gestört und immer unter massiven Druck gesetzt, was die Genesung verhindert.

Mein Fazit als Grenzgänger:

Das Arbeiten im Ausland ist wirklich jeden Versuch wert. Für mich bisher eine wirklich wundervolle Erfahrung.