Falsche Sicherheit? – Der unbefristete Arbeitsvertrag

Wie oft ich jetzt schon von sämtlichen Leuten gehört habe: “Der Arbeitsvertrag ist unbefristet, da habe ich wenigstens eine sichere Arbeitsstelle.” Dafür werden oftmals sogar Einschnitte beim Gehalt in Kauf genommen bzw. besser bezahlte Jobangebote abgelehnt, aus Angst eine unbefristete Stelle für das Ungewisse aufzugeben und beim neuen Arbeitgeber die Probezeit nicht zu überstehen. Und immer denke ich mir dabei, wie naiv die armen Menschen doch leider sind.

 

 

Warum ich das denke?
Das erkläre ich euch gerne anhand persönlicher Erlebnisse.

Kleiner Tipp: Wer an dieser Stelle noch keine Rechtsschutzversicherung hat, sollte sich damit einmal näher befassen!

Blicken wir einmal auf die Tatsache zurück, dass man besonders heute in “modernen” Jobs, bei denen man von einem Meeting ins nächste hetzt, Notizbücher vollkritzelt und seine 20 E-Mails schreibt, wirklich viele sinnlose Aufgaben hat, die nahezu nur zur Zeit-Überbrückung taugen. Sinnvolle Aufgaben werden nur selten vergeben und somit sind die Arbeitnehmer in diesen Jobs leichter austauschbar.

Und genau das ist es auch, was viele Arbeitgeber insgeheim wollen: Leicht austauschbare Mitarbeiter, die man sofort ersetzen kann, wenn einem das Gesicht nicht mehr passt oder der Mitarbeiter nicht die gewünschten Zahlen liefert. Einfach auswechseln, wie eine Glühbirne.

Das ist auch einer der Gründe, wieso immer weniger Firmen sofort unbefristet einstellen. Meist wird der Vertrag vorher zwei Mal verlängert, damit hält sich der Arbeitgeber die Option offen, die Mitarbeiter einfach zum Ablauf des befristeten Vertrags auszutauschen, ohne einen triftigen Kündigungsgrund nennen zu müssen. Man macht sich das Leben halt so unkompliziert wie möglich. Auf der einen Seite verständlich, auf der anderen ziemlich hinterlistig.

Aber auch als hochqualifizierter Arbeitnehmer in einer Führungsposition, darf man sich nicht auf seinem Status ausruhen. Ein unbefristeter Arbeitsvertrag ist nämlich nicht mit einem Beamtenstatus auf Lebenszeit gleichzustellen. Das darf man nicht verwechseln. Am Ende des Tages ist auch jeder Mitarbeiter ersetzbar. Selbst dann, wenn man dafür fünf neue unterbezahlte Personen einstellen muss um die Arbeit aufzufangen.

 

Arbeitsplatz-Sicherheit ist ein Märchen!

Wenn man ehrlich ist, dann muss man schon sagen, dass ein unbefristeter Arbeitsvertrag nur ein weiteres wertloses Stück Papier ist, welches sich im Fall einer ungerechtfertigten Kündigung bestenfalls zum Abwischen des Allerwertesten eignen würde.

Ein Beispiel, warum das so ist:

Stellen wir uns einmal vor, dass ich in einem kleinen Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern angestellt bin, mit einem unbefristeten Vertrag. Ich bin nun aufgrund eines Unfalls länger erkrankt, meine Arbeit häuft sich allerdings und das Unternehmen kommt langsam ins Schwitzen, da ihnen eine wichtige Arbeitskraft fehlt.

Für dieses Unternehmen ist es also wirtschaftlich nicht mehr tragbar, dass ihnen diese eine Arbeitskraft fehlt, weshalb sie mir trotz meines unbefristeten Arbeitsvertrags kündigen können. Und glaubt mir, das werden sie auch! Bei einem sehr kleinen Betrieb bringt einem ein unbefristeter Vertrag im Krankheitsfall schon einmal gar nichts.

 

Wieso man besser eine Rechtsschutzversicherung haben sollte!

Will ein Betrieb einen unbefristeten Arbeitsvertrag auflösen und den Mitarbeiter wieder los werden, gibt es noch die beliebten “betriebsbedingten” Kündigungsgründe, die nur zu gerne vorgeschoben werden. Dann heißt es beispielsweise “Kündigung wegen Wegfall einer Abteilung” oder “bedingt durch eine Sozialauswahl” und noch mehr solcher oftmals blödsinnigen Aussagen. Oftmals sind die Gründe nur bedingt gerechtfertigt, aber Recht haben und Recht bekommen, das sind immer zwei Seiten einer Medaille.

In den meisten Fällen muss man sein Recht dann leider vor einem Gericht mit einer sogenannten Kündigungsschutzklage durchsetzen und ohne eine entsprechende Rechtsschutzversicherung kann das auch ziemlich teuer werden. Die Gebühren bemessen sich nämlich in Abhängigkeit des Gehalts, was eine ordentliche Summe für den Durchschnittsverdiener ist.

Wer nun denkt, dass sei nicht schlimm, da man das Geld bei einem Sieg vor Gericht zurück bekommt, den muss ich leider enttäuschen. Denn selbst wenn man gewinnt, bekommt man die Prozesskosten nicht zurück. Wenn man es schaffen sollte, eine Abfindung vor Gericht zu erwirken, kann man davon also erst einmal diese zahlen. Und die unbefristete Arbeitsstelle ist man zudem trotzdem los.

 

Das Ass im Ärmel der Geschäftsleitung – Der Anwalt

Geht der unbefristet angestellte Mitarbeiter nicht von selber und kommt nach einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage tatsächlich zurück an seinen Arbeitsplatz, dann fährt man eben die harten Geschütze auf und bestellt sich den schmierigsten und besten Anwalt ins Haus. Das ist an dieser Stelle leider kein Witz, sondern bittere harte und traurige Wahrheit.

Einige von euch haben sicherlich schon einmal in Fernsehreportagen von Anwälten gehört, die sich mit ihren Kündigungstaktiken einen bestimmten Ruf angeeignet haben und eher auf Seiten der Arbeitgeber stehen, ganz getrost dem Motto “Rausschmeißen um jedem Preis”. Und wie soll man als kleiner Arbeitnehmer gegen eine solche Macht ankommen? Genau, es ist ein fast unmöglicher Kampf, der einige Angestellte in Depressionen und finanziellen Ruin geschickt hat.

Also wie kann man nur so leichtsinnig sein und glauben, dass der unbefristete Arbeitsvertrag Sicherheiten bietet? Wenn man selber mitbekommen hat, was diese Menschen alles machen und seit Ewigkeiten erfolgreich Angestellte, sogar Personen aus dem Betriebsrat oder behinderte Mitarbeiter, abserviert werden und auch noch versucht wird, um die Zahlung von Abfindungen herum zu kommen, kann einem nur schlecht werden

Betriebsbedingte Kündigung

Auch ich musste schon eine betriebsbedingte Kündigung hinnehmen, obwohl ich einen unbefristeten Arbeitsvertrag hatte und ich kann euch sagen, den Stress, den man damit hat, wenn es ungerechtfertigt ist und man sein Recht vor Gericht durchsetzen will, spürt man noch lange Zeit danach. Und obwohl ich Recht bekommen habe, habe ich einige Tausend Euro investieren müssen und habe im Endeffekt trotzdem meinen Arbeitsplatz verloren. Bei so einem Arbeitgeber wollte ich einfach nicht mehr sein, das Verhältnis war gestört und jegliches Vertrauen verloren. Dies wird wohl in den meisten Fällen das Ergebnis sein. Das Schreiben des Anwalts der Firma auf die Kündigungsschutzklage war übrigens ungefähr 10 Seiten lang mit einer Aneinanderreihung absolut fadenscheiniger Argumente warum die betriebsbedingte Kündigung nötig sei.

Mitarbeiter zum Kündigen animieren

Schafft man es doch, seine Stelle zu behalten und sich nicht so leicht kündigen zu lassen, werden einige Arbeitgeber unmenschlich und machen dem “Noch”-Angestellten das Arbeitsleben so unangenehm wie nur eben möglich. Sei es, ihm unliebsame Aufgaben aufzuhalsen oder nur noch Nachtschichten zu vergeben oder seine Arbeitszeiten immer wieder zu verändern, es wird nur gehofft, dass du die Schnauze voll hast und das Handtuch wirfst, also selber kündigst und dabei auch noch auf einen Abfindung verzichtest. Wenn du Glück hast legt man dir einen Aufhebungsvortag mit einer Abfindung vor, mit dem du das ganze dann “im Einvernehmen” beenden sollst.

Abmahnungen aussprechen

Es werden alle Fehler addiert und jeder Verstoß direkt abgemahnt. Das geht auch ziemlich schnell, denn nahezu jeder Mitarbeiter hat schon einmal gegen irgendwelche vertraglichen Bedingungen verstoßen und sei es nur, das private Surfen am Arbeitsplatz während der Mittagspause, sofern dies im Vertrag untersagt wurde. In den meisten Fällen wird sogar täglich gegen eine Vielzahl von Vereinbarungen verstoßen.

In einem Fall bekam ein Mitarbeiter sogar gleich drei Abmahnungen an einem Tag überreicht und sollte fortan nur noch unter Beaufsichtigung des Chefs in seinem Büro arbeiten. Die Abmahnungen wurden wegen völlig belangloser Dinge ausgesprochen und würden vermutlich vor keinem Gericht standhalten. Aber man müsste im Fall einer fristlosen Kündigung, zu der der Arbeitgeber nach diesen Abmahnungen berechtigt wäre, erst einmal den Weg vor das Gericht antreten.

Wiederkehrende Kündigung

In einem anderen Fall bekam eine leitende Angestellte eine fristlose Kündigung wegen angeblichem personenbedingten Fehlverhaltens. Sie gewann vor Gericht gegen den Arbeitgeber. Allerdings hat ihr der Arbeitgeber quasi sofort nach Beendigung des Gerichtsverfahrens wieder fristlos gekündigt. Und eine neue Kündigung bedeutet eine neue Kündigungsschutzklage, wenn der Arbeitnehmer dagegen vorgehen will. Wenn es dem Arbeitgeber egal ist, wie viel Geld für verlorene Prozesse aufzuwenden ist, kann er dieses Spiel vermutlich regelmäßig wiederholen.

Kündigung während Probezeit

Während der meist sechsmonatigen Probezeit ist man ohne Angabe von Gründen kündbar. Daran kann man auch nichts ändern, selbst wenn man einen unbefristeten Vertrag unterzeichnet hat. In einem Fall hat der Arbeitgeber leider mit einem üppigen Gehalt und unbefristetem Arbeitsvertrag eine qualifizierte Person für eine bestimmte Aufgabe eingestellt und dann leider vor Ablauf der Probezeit wieder gekündigt, da man sie nur kurzfristig brauchte. Warum man für so etwas nicht mit offenen Karten spielt und einfach einen Freelancer beauftragt bleibt dabei wohl ein Rätsel. Vermutlich wäre dieser einfach zu teuer gewesen und man hatte nicht die Gewissheit, dass man ihn ein paar Monate ausquetschen kann.

Kündigung während Krankheit

Wer schwer erkrankt hat oftmals keine Kraft und auch keine Nerven sich mit solchen Dingen wie einer ungerechtfertigten Kündigung zusätzlich zu beschäftigen und nimmt diese eventuell einfach hin. Immerhin bleiben einem, zumindest wenn man keine Verhinderung vorlegen kann, nur drei Wochen ab Zugang der Kündigung um die Kündigungsschutzklage zu erheben. Arbeitgeber spielen vermutlich gerne mit Unwissenheit und auf Zeit.

 

Wo ist der unbefristete Arbeitsvertrag noch etwas Wert?

In Deutschland nicht, das ist meine feste Meinung!

In den Niederlanden beispielsweise ist es deutlich schwieriger,  Arbeitnehmer mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag zu kündigen. Dafür ist nach niederländischem Arbeitsrecht zunächst eine Zustimmung der niederländischen Arbeitnehmer-Behörde “UWV” notwendig oder der Arbeitsvertrag muss durch einen Bezirksrichter (niederländisch kantonrechter) aufgelöst werden.

In den ersten beiden Jahren darf der Arbeitgeber laut niederländischem Recht nicht wegen Krankheit kündigen und ist sogar auch innerhalb dieser Zeit zu einer Lohnfortzahlung von mindestens 70% des Gehalts verpflichtet.

Das Gesetz ist hier also ganz klar auf Seiten der Arbeitnehmer und hat hier eine genaue Vorgehensweise.

In den Niederlanden werden daher in der Regel die meisten Arbeitsverträge mit einem Aufhebungsvertrag aufgelöst, da der normale Weg einfach viel zu lange braucht und die Genehmigungen nicht leicht zu bekommen sind. Dort ist außerdem eine Abfindung gesetzlich vorgeschrieben, weshalb man hier zumindest in einer guten Verhandlungsposition ist, sollte es soweit kommen.

 

Gibt es überhaupt Vorteile, einen unbefristeten Arbeitsvertrag zu haben?

Tatsächlich gibt es einige Situationen, in denen man mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag bessere Chancen hat. Das merkt man spätestens bei der Wohnungssuche, wenn der Vermieter die Selbstauskunft studiert und dann skeptisch ist, sofern man eventuell nur befristet angestellt ist oder eventuell selbstständig. Die Gefahr, dass man mal keine Aufträge hat und somit schwankende Einnahmen oder der Arbeitsvertrag nicht verlängert wird, schreckt oft etwas ab. Vermieter sehen daher gerne, wenn jemand einen unbefristeten Arbeitsvertrag vorlegen kann.

Das gleiche Spiel hat man übrigens auch bei Dispo-Anträgen bei der Bank, bei Kredit-Anfragen, Hausfinanzierungen etc. Natürlich macht es sich zusätzlich auch noch in einem Lebenslauf gut, wenn man dort damit prahlen kann, dass man unbefristet angestellt wurde.

Fazit zum unbefristeten Arbeitsvertrag

In Deutschland bedeutet also ein unbefristeter Arbeitsvertrag immer weniger Sicherheit und kann dank vieler Möglichkeiten auch dennoch leicht oder zumindest umständlich und durch Kosten für den Arbeitgeber beendet werden. Man ist zwar noch weit von einer “Termination at will”-Klausel wie in amerikanischen Unternehmen, die eine Kündigung jederzeit unkompliziert ermöglicht, entfernt. Jedoch kann es stattdessen zu einem langwierigen Prozess werden, indem man aus seinem Job geschmissen wird. Lediglich bei Mietverträgen, Krediten etc., eröffnen sich mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag mehr Möglichkeiten.

Schaut man sich beispielsweise die Niederlande an, so sieht man eben klare Unterschiede und merkt schnell, dass es deutlich besser geht. Deutschland kann sich hier mal wieder eine Scheibe von abschneiden.

 

2 Kommentare

  1. Mir wurde vor Kurzem auch gekündigt; es wäre ein “außerbetrieblicher” Grund gewesen – ich war wohl schlichtweg zu teuer. Auch ich hatte einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Mein potenzieller neuer Arbeitgeber teilte mir mit, dass ich zunächst ein paarmal einen befristeten Vertrag bekäme und danach den unbefristeten. Auch ich sagte ihm daraufhin, dass es mir mittlerweile egal ist, eben weil ein unbefristeter Vertrag nichts mehr wert ist.

    Ich finde sogar, dass ein befristeter Arbeitsvertrag hier in Deutschland besser ist, da man etwas früher als 3 Monate vor Auslaufen dieses Vertrages nachfragen kann, wie es denn aussieht. Soll man sich schonmal arbeitsuchend melden oder bleibt das Verhältnis bestehen?
    Man ist einfach viel besser vorbereitet. Ich habe mich sehr gut um meine Abteilung auf der Arbeit gekümmert, und dennoch kam die Kündigung aus heiterem Himmel, wenn man sie am wenigsten gebrauchen konnte.

    Ich finde gut, dass es diesen Beitrag dazu gibt. Man darf sich einfach nicht zu schnell auf etwas vermeintlich Sicherem ausruhen.

    • Angeline Langner

      27. Oktober 2022 at 20:49

      Liebe Laura,

      vielen Dank für deine lieben Worte.

      Es tut mir echt sehr leid, dass du nun auch solche Erfahrungen machen musstest.
      Wirklich sicher ist heutzutage leider nichts mehr. Das betrifft nun nicht mehr nur Arbeitnehmer, sondern auch die Unternehmen selbst, wie uns die letzten Zeiten gezeigt haben.

      Aber niemals aufgeben und auch nie unterm Wert verkaufen!
      Und ein befristeter Arbeitsvertrag ist ebenso viel Wert und man weiß tatsächlich eher, ob man sich etwas Neues suchen muss, da hast du recht.

      Ich wünsche dir das Beste!

      LG
      Angeline

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